Windenergie – Fakten statt Emotionen
So hiess die Infoveranstaltung der SVP zum Thema Windenergie am 27. September. Und genau so wurde es an diesem Abend auch gehandhabt. Es war ein sehr sachlicher Anlass, der von einem respektvollen Umgang miteinander geprägt war und mit einem gemütlichen Apéro in freundlicher Atmosphäre endete. Da ist es schade, dass im Nachgang ein sehr einseitiger Artikel hier im Wisliger publiziert wurde – noch dazu anonym.
Selbstverständlich sind Wasserkraft und Atomenergie die starken Säulen unserer Stromversorgung – und das wird auch so bleiben. Wenn man aber den Schweizer Gesamtenergieverbrauch betrachtet, stellt man fest, dass wir den Grossteil unserer Energie importieren – insgesamt 70%. Das sind 10% für das Uran, das wir aus Russland importieren und 60% für Öl und Gas, das überwiegend aus dem Nahen Osten und Zentralasien stammt. Zum einen heizen wir damit unser Klima an, zum anderen finanzieren wir damit auch viele Konflikte in diesen Regionen – die Quittung erhalten wir dann in Form von Flüchtlingen aus der Ukraine, Afghanistan, Syrien, Armenien usw.
Es stimmt schon, nur mit Windenergie können wir unseren Energiehunger nicht decken. Aber Windenergie fällt zu 2/3 in der kalten Jahreshälfte an – genau dann, wenn auch unser Verbrauch z.B. für die Wärmepumpe am höchsten ist. Damit hilft Windenergie die Winterstromlücke zu verkleinern, die bisher vor allem durch Stromimporte gedeckt wurde. Sie hilft, dass unsere Stromspeicher in den Bergen – die Speicherseen – länger vorhalten. Falls einige Tage kein Wind weht, können wir wie bisher mit Strom aus den Speicherseen versorgt werden. Wenn wir schnell genug Erneuerbare Energien wie alpine Solaranlagen und Windräder installieren, müssen wir keine teuren Gaskraftwerke bauen, die einspringen, wenn unsere Speicherseen bereits im Februar leer sind und die dann mit Energie aus unsicheren und zweifelhaften Quellen betrieben werden und jede Menge CO2 ausstossen. Bau und Betrieb des Notkraftwerks Birr kostet uns 470 Mio. Franken nur schon für die Jahre 2023-2026! Im Gegensatz dazu ist ein einziges Windrad in unserer Gegend in der Lage Jahr für Jahr 4 Mio. Liter Öl zu ersetzen.
Der Windenergie wird vorgeworfen, dass ihr Auslastungsgrad zu tief sei – damit ist die Anzahl Vollaststunden im Verhältnis zu den 8760 Stunden eines Jahres gemeint. Es ist problemlos möglich, ein Windrad zu bauen, das auch in unserer Region einen sehr hohen Auslastungsgrad hat. Man benötigt lediglich einen sehr grossen Propeller und einen kleinen Generator – dann hat man schon beim kleinsten Windhauch 100% Leistung. Das ist aber nicht wirtschaftlich. Windräder sind auf den Stromertrag optimiert.
Genauso könnte man monieren, der Gotthardtunnel sei völlig überdimensioniert – was er in den meisten Stunden des Jahres auch ist (nachts unter der Woche würde wohl auch ein wechselseitiger Betrieb genügen). Es gibt aber auch sehr hohe Verkehrsaufkommen, z.B. an Pfingsten – dann ist er völlig unterdimensioniert. Es kommt also auf die Stärke des Verkehrsaufkommens und deren Häufigkeit an. So kommt man zu einem mittleren gewichteten Verkehrsaufkommen, auf das man die Kapazität des Tunnels auslegen sollte.
Genauso ist es bei den Windrädern – sie sollen sowohl bei häufigen Situationen mit wenig Wind Strom erzeugen aber dann auch bei Starkwind sehr grosse Leistungen erbringen.
Selbstverständlich weht an der Nordsee mehr Wind. Wir brauchen aber einheimische Energie. Wenn wir den Windstrom aus dem Ausland importieren, schlittern wir einfach von einer Abhängigkeit (Öl aus dem Nahen Osten) in die andere (Strom aus Europa). Die Stromleitungen von der Nordsee nach Süddeutschland sind ja heute schon unterdimensioniert. Und ohne Stromabkommen mit der EU wird auch der Import schwierig.
Die Mindestabstandsinitiativen, die momentan in vielen Gemeinden, auch in Weisslingen und Russikon, lanciert werden, sind de Facto Versuche, die Windenergie komplett zu verbieten. Wo bleibt die viel zitierte Technologieoffenheit? Mit den geforderten Abständen von 1000m zu den nächsten Gebäuden ist es schlicht unmöglich, innerhalb des Kantons Zürich ein Windrad zu bauen. Vielleicht gibt Ihnen zu denken, dass beim Flughafen Zürich Wohngebäude lediglich 350m Abstand zur Startbahn haben. Beim Kernkraftwerk Gösgen sind die Abstände zu den nächsten Wohnhäusern weniger als 300m. Im Vergleich dazu ist ein Windrad unbedeutend – und im Abstand von wenigen hundert Metern nicht mehr hörbar. Davon sollten Sie sich persönlich überzeugen – machen Sie bei Gelegenheit einen Ausflug in den Schwarzwald oder ins Jura und hören Sie selbst.
Manche Leute haben Angst um den Wert ihrer Immobilien, falls ein Windrad in der Nähe wäre. Bisherige Studien zu diesem Thema lassen den Schluss nicht zu, dass es zu Wertverlusten kommt. Andere Faktoren haben dabei viel grösseren Einfluss. So wurde zum Beispiel der Staatsvertrag für den Flughafen mit Deutschland 2003 gekündigt – seither haben wir massiv mehr Anflüge über Weisslingen. Und in den letzten 20 Jahren haben sich die Flugbewegungen am Flughafen Zürich verdoppelt. Trotzdem stieg der Wert der Immobilien in Weisslingen im gleichen Zeitraum um 85%.
Der Autor/die Autorin des Artikels im letzten Wisliger will die Atomenergie weiter ausbauen. Planung und Bau eines Atomkraftwerks benötigen rund 30 Jahre, das zeigen die aktuellsten Projekte in Finnland und Frankreich – realistisch können wir also frühestens 2055 mit Strom aus einem neuen AKW rechnen. Wollen wir wirklich so lange warten und von fossilen Energieträgern inklusive ihrer fragwürdigen Lieferanten abhängig sein? Woher kommt der Strom in der Zwischenzeit? Aus Gaskraftwerken, wie Paul von Euw vorgeschlagen hat?
Wieso nutzen wir nicht die bei uns lokal vorhanden Möglichkeiten?
Unsere Gemeinde kann finanziell von der Windenergie profitieren, schliesslich wäre eine in Weisslingen beheimatete Betreibergesellschaft auf die anfallenden Erträge steuerpflichtig.
Bis Ende Jahr laufen die Windmessungen des Fördervereins Windenergie. Wir sollten deren Resultate abwarten, statt das Projekt vorschnell mit Angstmache und unqualifizierten Aussagen zur Wirtschaftlichkeit schlecht zu reden. Wer unsere Energieprobleme angehen will, sollte aufhören zu blockieren. Mit Debattieren erschliessen wir keine neuen Energiequellen.
Wir müssen handeln und aktiv werden, damit es voran geht!